Köfte-Krieg im Barnstorfer Weg

Seit Jahrhunderten beschäftigt die Menschheit eine Frage: Indisches Essen oder Döner? Im Barnstorfer Weg gipfelt diese Auseinandersetzung in einem der größten Konflikte Rostocks! Wir berichten aus dem Krisengebiet.

Bertolt BrechtAus großer Kraft folgt nicht nur große Verantwortung, sondern auch Hunger. So auch im Herzen der Rostocker Kröpeliner-Tor-Vorstadt. Dort siedelten sich in den 50er Jahren nicht nur Geschäfte und Unternehmen an, sondern auch Restaurants und Kneipen. Die Vorreiterrolle übernahm dabei das 1953 gegründete Café Lom im Barnstorfer Weg.

Lom-sw-breitDas Cafe Lom bietet indisische Küche mit typischen Getränken wie Lassis oder Chai-Tees. Die ganz mutigen Gäste probieren die Spezialität des Hauses: Ayran, auch bekannt als salzige Milch. Außerdem gibt es einen regelmäßigen Mittagstisch und die Preise sind relativ günstig. Ein Jahr vor seinem 25. Geburtstag wurde die nahrungstechnische Idylle im Barnstorfer Weg erschüttert, als direkt gegenüber vom Cafe Lom das Diyar Bistro von Bahri Oktan eröffnet wurde.

dynar-dönerNicht nur Döner und gekühlte Getränke kann man hier erstehen, sondern auch Pizzen, Falafel und Salate. Besonders der XXL-Döner mit Käse, von den stets freundlichen Bedienenden frisch zubereitet, mauserte sich schnell zum Geheimtipp. Mit seinen langen Öffnungszeiten (jeden Tag bis 23 Uhr) und bezahlbaren Preisen (normaler Döner für 3 Euro) wird der Laden besonders von Studierenden sehr gut angenommen. Seit diesem geschichtsträchtigen Tag im Jahr 1977 herrscht im Barnstorfer Weg eine unerbittliche Futter-Fehde!

 

John Wayne

Fortan haben beide Betreiber versucht, der Konkurrenz zu schaden und sie aus dem Barnstorfer Weg, der inzwischen die angesagteste Straße Rostocks war, zu vertreiben. Dafür griffen sie ganz tief in die Trickkiste. Alles fing damit an, dass die Dönermesser im Diyar eines Tages wie von Zauberhand stumpf waren. An diesem Tag konnten Kunden nur vegetarische Gerichte bestellen und viele aufgespießte und geschlachtete Hammel schliefen mit einem Lächeln im Gesicht.

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Wenig später amüsierten sich die Gäste des indischen Restaurants über ein umgestaltetes Namensschild: Es gab noch viele weitere kleine und große Streiche – angesägte Stühle, geklaute Tische, ausgesetzte Tiere – und eine Unterbrechung gab es erst 1984. In diesem Jahr versuchte ein neues Lokal sein Glück im Rostocker In-Bezirk: Bernds BroilerBude.

Das DDR-Trendfood erfreute sich so großer Beliebtheit, dass bald kaum noch jemand im Cafe Lom oder im Diyar Bistro aß. Daher verbündeten sich beide Besitzer und griffen zu extremen Maßnahmen… Noch heute klafft eine mahnende Lücke dort, wo sich einst die BroilerBude befand.

Gedenk_Bernds-BroilerDie anschließende Waffenruhe in der Rostocker Futter-Fehde hielt bis 2011 an. Doch dann änderte sich wieder einmal alles im Barnstorfer Weg. Das El Waleed, ein arabisches Bistro, eröffnete und überzeugte vor allem durch seine (Bild El-Waleed) ausgezeichneten Falafel-Sandwiches. Die Qualität sprach sich schnell rum und immer mehr Menschen besuchten den Laden, wie auch dieses Youtube-Video zeigt.

Seitdem tobt sie wieder, die Futter-Fehde im Barnstorfer Weg. Da die Sabotageaktionen ihre Wirkung immer mehr verloren, haben die drei Imbiss-Barone einen neuen Weg eingeschlagen: Sie bieten nun noch besseres Essen zu noch günstigeren Preisen an. Dadurch ist der Barnstorfer Weg zu einem Eldorado für Liebhaber des warmen Mahls aus der ganzen Welt geworden.

PS: Auch wenn diese Geschichte stellenweise fiktional ausgeschmückt wurde, beruht sie doch auf wahren Begebenheiten. Und ein Fazit bleibt: Man sollte den Barnstorfer Weg besuchen und in einem der drei vorgestellten Restaurants essen. Es lohnt sich!

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Text:
André Marschke

Fotos:
Cover: renewed Corleone
Brecht: Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA
2,3,5 Simon Voigt/Bearbeitung: Fritz Beise
Wayne: Moviescan aus „The Comancheros“, http://l.hh.de/johnwayne
Büchner: cc Norbert Borowny
, http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/29140080